Es wurde ja schon eine ganze Menge geschrieben, ich will nur mal ein paar atmosphärische Kleinigkeiten rauspicken, die mir wichtig wären:
Dimensionen
Schraubt alles ein wenig zurück. Ein Schiff kostet ein VERMÖGEN; warum soll ein Neuling so viel Geld besitzen, sich ein eigenes leisten zu können? Kleine Händler mieten sich Laderaum bei Schiffern und fahren bei ihnen mit, später kaufen sie Anteile, bilden geschworene Fahrgemeinschaften (eigentl. Bedeutung des Wortes "Hanse"); bis man es zum eigenen Schiff gebracht hat, muss man schon mächtig viel Geld verdient haben. Ist das nicht ein viel besserer Anreiz, als die 100er Marke zu überschreiten?
Familie/Ehe
Eigentlich zu wichitg, um sie auszuklammern; Bedeutung fürs Gameplay? Keine Ahnung. Aber wenn ihr es implementiert, schmeißt bitte diesen Lotterie-Faktor über Bord: Ehen im Mittelalter (zumal in patrizischen Kreisen) sind Verhandlungssache. Niemand kauft die Katze im Sack, es wird um jedes Leinentuch und jedes Kissen gefeilscht - Geld gibts nur bei den Superreichen, und jeder Pfennig wird vertraglich festgehalten. Gerade hier lassen sich Ansehensfaktoren bestens umsetzen, indem die strategische Heirat neue Märkte erschließt, Ratsfähigkeit oder Zünftigkeit ermöglicht.
Übrigens: Ich höre immer nur Mitgift. Und was ist mit der Morgengabe? Denkt ihr etwa, die Frauen hätten nix bekommen? Abgesehen davon: Viele Männer haben höherrangige Frauen geheiratet, denn die Frau "bessert" den Mann (hebt seine soziale Stellung).
BTW: Patriziat = Stadtadel. Dieser bildet sich übrigens nicht in allen Städten aus.
Kirche/Glaube
Ein unglaublich kompliziertes Thema. Beten, Exkommunikation, Ablasshandel - o jeh... Beten kann jeder so viel, wie er lustig ist; ich habe in PI immer fleißig ins Weihwasserbecken geklickt und meinen Mitspieler im Hotseat- (damals noch Mehrspieler-) Modus damit auf die Palme gebracht. Wem's Spaß macht. Exkommunikation ist eine rein kirchenrechtliche Angelegenheit - Finger weg. Es sei denn, ihr führt theologische Dispute auf dem Marktplatz.
Ablasshandel: BITTE NICHT. Alle spielrelevanten Vergehen müssen auf weltlicher Ebene aus dem Weg geräumt werden, dazu ist die Badstube viel besser geeignet. Und macht bitte wieder eine Badstube daraus, keine römische Therme. Dirnen haben darin übrigens nichts zu suchen, die findet man im "Frauenhaus" (mittelalt. Bezeichnugn für Bordell, nicht verwechseln).
Daneben bietet die Kirche viele Möglichkeiten, das eigene Ansehen zu fördern; Jahrzeitstiftungen, Spenden an Gemeindekirchen des eigenen Kirchspiels (schon mal gezählt, wie viele Kirchen es in einer Stadt gibt? Ich sehe immer nur eine... Und bedenkt: der hl. Nicolaus ist der Patron der Händler). Spenden für die Armen sind wirklich wichtig; aber auch fromme Bruderschaften. Die Spitäler nehmen Alte auf, die ihren eigenen Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften können; eine Armenpfründe beläuft sich auf ca. 20-30 Pfund; im Gegenzug beten die Armen für das Seelenheil der Stifter - amen.
Und noch eins: Macht Schluss mit der protestantischen Öde im Kirchenraum! Ihr wollt präsentieren udn protzen? Dann baut euch einen fetten Kirchstuhl! Darüber haben sie nämlich ständig geklagt, dass sich die Leute die Kirche mit ihren Kirchstühlen vollstellen, in denen sie dann hocken und schwatzen, während sich der Pfaffe vorn mit seiner Litanei abplagt! Und dann stolzieren die aufgeblasenen Gecken gar mit ihren Falken im Kirchenschiff umher und werfen den Damen unschickliche Blicke zu - wobei sich so manche "Dame" noch als Dirne erweist, die ihre Dienste unter den Augen der Heiligen feilbietet...
(Das Mittelalter war trist und bunt, schrill und bieder - was es auch immer war, es war nicht genormt. DAS müsst ihr zeigen!)
Die Gilde...
...ist mir immer zu randständig im Spiel gewesen, dabei ist sie doch das soziale und ökonomische Zentrum des Händlers. Ohne den Rückhalt der Handelsgemeinschaft ist der Händler gar nichts. Sie ermöglicht ihm Zugang zu dedn Märkten, sie bietet ihm Rechtssicherheit an fremden Handelsorten. Hier wird gefeiert, hier werden Ehebande geknüpft, hier werden die Toten beklagt, zu Grabe getragen und die Hinterbliebenen finanziell abgesichert. Alle Rechte und Freiheiten, die die Händler genießen, verdanken sie einer starken Handelsgemeinschaft
Mann, wer will das alles lesen? Das sind ein paar Gedanken, die ich aus dem Stehgreif reinreichen wollte. Dann war da noch der Kredit. Ja, lassen, unbedingt. Aber Händler sind keine Geldleiher (außer in Ausnahmen, wenn es um königliche Dimensionen geht). Und Missionen: Naja, wie gehabt, Hungersnöte, etc. Interessanter wären natürlich Aufträge im Tenor von:
- Führt Verhandlungen mit Stadt sowieso, um die Zölle für Eure Gilde zu mindern,
- die Freiheit von der örtlichen Gerichtsbarkeit zu erlangen,
- das Erstkaufs-/verkaufsrecht auf bestimmte waren zu erlangen;
- unterstützt die Stadt dabei, die Hochgerichtsbarkeit oder
- stellt ein Söldnerheer auf, um im Fall eines siegreichen Feldzugs Privilegien vom Stadtherren zu erhalten;
Von den ganzen Gebühren und Kosten war noch gar nicht die Rede. Macht euch mal ein Bild davon, wo die überall löhnen mussten! Kranbenutzung, Hafen, städtische Waagen, Wechsler, Zölle... Naja, nur so als Idee.
O weh, spät ists geworden, und wofür das alles? Sorgen, Sorgen nur!
Antiseptus vom Osning,
zu verspäteter Stunde