Nachdem ich mich von dem Schock der mangelhaften Nachrichtenübermittlung erholt
und mich auf das Wesentliche zurückbesonnen hatte, betrachtete ich die Auslastung der Wohngebäude.
Mein Ziel war die eigenständige Produktion von Eisenwaren
und der Anschluß der Ostseestädte an mein Handelshaus.
Dazu waren Schiffs- und Betriebsneubauten unerläßlich.
Es hatte sich als vorteilhaft erwiesen, die Wohngebäude vor der Fertigstellung der Betriebe
besonders dann zu bauen, wenn die Bewohner bereits einen Wohnraummangel beklagten.
Soweit wollte ich das nicht kommen lassen.
Daher erteilte ich am 23. Januar den Auftrag zum Bau eines neuen Giebelhauses.
Zwar war die Schicht der "Wohlhabenden" weniger bedeutsam als die der armen Arbeiter,
aber wollte ich es zu Ansehen in der
gesamten Stadt bringen,
durfte ich keine der drei Schichten vergessen.
In jenen Tagen galt ein besonders auf dem Lande streng eingehaltenes Regelwerk von 3 Klassen.
Der Adel stellte die Erste Klasse der Bevölkerung.
Je nach innerer Ordnung bestimmte über das Wohl und Wehe des Volkes.
Er trieb Steuern ein und sorgte mit zuweilen drakonischen Maßnahmen für die Einhaltung der Gesetze.
Der Klerus war der zweite Stand.
Wirtschaftlich auf Klöstern und weltlichen Fürstentümern basierend und fest verankert im Herrschaftssystem
waren seine ökonomischen und politischen Entscheidungen wenig anders als die des Adels.
Die einfachen Bauern, Handwerker und Händler waren die dritte Klasse.
Sie durfen die Steuern zahlen, sehr oft ausschließlich in Form von Naturalien
wie eines Tieres oder dem Anteil der Ernte oder des Handwerksgutes.
Gold oder Bargeld besaßen die Armen oft überhaupt nicht.
Händler gehörten in dieser ländlichen Welt der dritten Klasse an.
Anders die Stadt.
In ihren Mauern galten, wenn sie "Reichsunmittelbar" waren umso mehr,
daß die Bevölkerung NICHT in den Klassen, sondern einer ähnlichen Art,
den "Schichten" bewertet wurden.
Arbeitslose, Tagelöhner und Bettler waren in Aller Augen regelrecht wertlos.
Die einfachen Arbeiter waren die unterste Schicht.
Händler und Handwerksmeister, die ein "ehrliches" Gewerbe führten,
stellten die Mittelschicht dar, die sich in Gilden, Zünften und anderen Gemeinwesensformen
zusammentaten und auf die Geschicke der Stadt Einfluß nehmen konnten.
Die Oberschicht, Ratsherren, die "Patrizier", also reiche alteingesessene Familien,
Grundbesitzer und Autoritätspersonen wie Pfarrer, Apotheker und natürlich der Bürgermeister,
waren die bestimmenden Personen.
Sie alleine waren die wirklichen Herren der Stadt.
War diese als "Reichsunmittelbar" direkt dem Kaiser unterstellt und nicht einem Landesfürsten oder
einem klösterlichen Großgrundbesitz angeschlossen, was in der Hansewelt nur in den "deutschen" Städten möglich war,
so konnten sich jene besonders glücklich schätzen, die im Rahmen des allgemein anerkannten Rechtes
hier ihren Aufstieg machen konnten.
"Stadtluft macht frei"
Wer ein Jahr und einen Tag rechtschaffen in den Mauern einer freien Stadt lebte,
der konnte von seinem früheren Grundherren nicht mehr verpflichtet werden.
In der Praxis war dies aber wohl nur für die Personen möglich,
die ohne verbliebene Familienbande auch nicht zu erpressen waren.
Solche ehemaligen "Leibeigene" hatten in der Stadt zumindest theoretisch die Möglichkeit,
im Laufe ihres Lebens und mit Grundlage einer Familie aufzusteigen und in die höchsten Schichten vorzudringen.
Was also den Einfachsten der Einfachen möglich war,
Warum sollte es nicht auch einen ehemaligen Krämer und nun Kaufmann gelingen ?
Ich jedenfalls arbeitete daran.
Zunächst wurde die Mannschaft der Kraiergruppe Memel umgestellt, damit das ausgebaute Schiff
als "Orlogschiff" die Führung des ersten Konvoys der Geschichte des Hauses von Thorn übernehmen konnte.
Dazu mußten noch Matrosen angeworben werden,
denn so ein Orlogschiff benötigte 20 Matrosen als Besatzung UND einen Kapitän.
Anschließend besorgte ich noch Schifssbewaffung Werke und Bliden,
um dem Schiff die waffentechnische Voraussetzung zu geben.
So versorgt, bildete die Memel K1 den Konvoy "Memel K1" und
die Memel K2 trat ihm bei.
So bestückt konnte es losgehen.
Der Konvoy bekam die nötigen Ladepapiere und legte am 4. Februar 1301 in Richtung Memel ab
Am 7. Februar schlug wieder einmal Vanderdeeken zu,
Glücklicherweise nicht bei mir.
Am 11. Februar war mein Giebelhaus fertig zum Bezug.
Auch der Mittelschicht empfahl ich die sehr hohen Mieten anzunehmen.
Am 13. wies ich den Kontorsverwalter an,
mehr Eisenwaren zu kaufen und dafür den Einkaufspreis höher anzusetzen.
Von 300 auf 320 steigerte ich sein Limit.
Ein Blick in die Bücher offenbarte, daß die Betriebe noch immer nicht voll besetzt waren.
Ich mußte die Ursache hierfür herausfinden.
PH